Die SPD-Gliederungen in der Stadt und dem Kreis Neuwied kritisieren das Abstimmungsverhalten der CDU/CSU und FDP im Bundestag scharf. „Wer Anträge in ein Parlament einbringt, für die es keine gesicherte demokratische Mehrheit gibt, riskiert sich zum Spielball von Extremen und von ihnen abhängig zu machen. Parlamentarische Mehrheiten müssen immer mit demokratischen Kräften gebildet werden und dürfen nie allein durch die Zustimmung von politisch extremen Parteien zustande kommen, wie dies nun billigend in Kauf genommen wurde und auf empörende Art geschehen ist“, konstatiert Janick Helmut Schmitz, Vorsitzender der SPD in der Stadt Neuwied. Im Deutschen Bundestag wurde erstmals ein Antrag mit einer Mehrheit beschlossen, die letztlich nur durch die Stimmen der AfD-Fraktion zustande kam. Der gewöhnliche Ablauf, um Gesetze und Anträge zu beschließen, seien vorherige inhaltliche Absprachen der demokratischen Fraktionen aus der Mitte des Hauses, bei denen man sich einigte, um die nötigen Mehrheiten zu organisieren. „Dieser Schritt wurde bewusst nicht gemacht. Man hat die Antragsinitiative mit Abstimmungsabsicht angekündigt, ohne vorher mit demokratischen Fraktionsspitzen eine gemeinsame Haltung zu suchen und zu finden, wie schwierig dieser Prozess auch gewesen sein möge. Dann kündigt der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus kurz vorher die Zustimmung zu dem Antrag der Union an – aus einer Zufallsmehrheit wurde ein Tabubruch!“, stellt Marie-Christin Schlüter, Kreisgeschäftsführerin, klar. Das Verhalten aller Abgeordneten, die für den Antrag und damit mit der AfD stimmten, sei scharf zu kritisieren. Abgeordnete seien ihrem Gewissen verpflichtet – wer jedoch in so einem Falle mitstimmen könne, um dessen Gewissen müsse man sich sorgen.
Sich auf die Stimmen einer Partei zu verlassen, die in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextrem gelte, deren Jugendorganisation vom Verfassungsschutz beobachtet werde und die regelmäßig mit menschenverachtenden Entgleisungen auffalle, sei eine Bedrohung für den Parlamentarismus von neuer Qualität. „Immer wieder geben sich die Vertreter der AfD nach außen gemäßigt, um dann aber im Hinterzimmer zum Beispiel die grundgesetzwidrige Deportation unzähliger Menschen zu planen und die Freiheit aller Bürgerinnen und Bürger einzuschränken. Mit diesen politischen Demokratie- und Menschenfeinden darf nicht zusammengearbeitet werden, auf keiner Ebene!“, fassen Schmitz und Schlüter zusammen und machen damit deutlich, dass sie dieses Selbstverständnis auch von den anderen demokratischen Parteien auf Stadt- und Kreisebene erwarten.
Das gelte nicht nur für den Bundestag. Auch auf der kommunalen Ebene seien Mehrheiten nur dann statthaft, wenn sie ohne die Zusammenarbeit mit Rechtsextremen zustände kämen. Petra Jonas, Fraktionsvorsitzende im Kreistag und Lana Horstmann, Landtagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende: „Wir pflegen auf der Kreis-Ebene einen engen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen der CDU und sind froh über die enge und konstruktive Zusammenarbeit im Kreistag. Dort handeln wir nach klaren Prinzipien: Was gut ist für den Kreis und die Menschen hier, das setzen wir um – ohne uns dabei auf die Rechtspopulisten zu verlassen, oder gar mit ihnen zusammenzuarbeiten“. Man appelliere in diesem Sinne an alle demokratischen Kräfte, sich bei allen inhaltlichen Trennlinien trotzdem dem Dialog nicht zu verschließen und miteinander zu sprechen. Nur im Dialog könne man Lösungen aus der Mitte herausfinden.
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden nicht mit Rechtspopulisten und -extremen zusammenarbeiten, stellen die Genossinnen und Genossen klar. Dieser Markenkern der Sozialdemokratie, welche in der Zeit des Dritten Reichs ihren Ursprung und überzeugte Tradition hat, sei auch den Bürgerinnen und Bürgern bekannt. An der Wahlurne werde auch diese Haltung ihre Berücksichtigung finden, ist man sich sicher.